Tierkunde-Epoche 4. Klasse

Rudolf Steiner wies immer wieder darauf hin, dass es bedeutsam sei, erst über die Betrachtung des Menschen, zum Tierreich hinzuführen.
Im Lehrplan der Waldorfschule ist die Naturkunde für die 4. Klasse folgendermaßen empfohlen:
„Es geht darum, dass man auf dem Hintergrund der physischen Betrachtung des Menschen nach Kopforganisation, Rumpfsystem und Gliedmaßen-Organisation eine Gliederung der Tierwelt versucht. So kann das Kind ein Bild vom Tierreich als dem „fächerförmig“ über die Erde ausgebreiteten Menschen bekommen. Damit erlebt es gefühlsmäßig etwas von der Einzigartigkeit des Menschen: Er ist eben nicht wie die Tiere festgelegt, instinkthaft gebunden und durch sein Verhalten definiert, sondern durch seine Nichtspezialisierung, seine Universalität auf Freiheit hin angelegt. Und gerade auf dieses Erlebnis, dass der Extrakt und die synthetische Zusammenfassung der ganzen Tierwelt auf einer höheren Stufe der physische Mensch ist, kommt es in diesem Schuljahr an.“

Dementsprechend befassten wir uns in der ersten Woche mit dem Menschen, gliederten ihn in Kopf, Rumpf und Gliedmaßen und beschäftigten uns dazu mit einigen Sinnen. Mein Ziel dabei war es unter anderem, die Kinder immer wieder auf Gedankenreisen mitzunehmen, die höhere Bedeutung des Menschen betreffend, seine Aufgabe in der Welt, die Chance der Freiheit, aber auch deren Grenzen…. Das Eingebettet-sein in die Welt, die Umgebung, den Kosmos, war dabei auch wesentlich.

Es geht bei 4.-KlässlerInnen also noch gar nicht so sehr um naturwissenschaftliche Details, sondern vielmehr, um das Gefühl für Zusammenhänge zu erwecken, einer Art phänomenologischer Betrachtung vorzunehmen.
Nachdem wir uns mit dem Menschen befasst hatten, sind wir zum Tierreich übergegangen. Der Tintenfisch war der Repräsentant für den Kopfbereich und dann ging es weiter mit der Maus als gutes Beispiel für den Rumpfbereich. Nach lebendiger, facettenreicher Schilderung der Tiere, waren die Kinder angehalten, ihre Epochen-Texte nun das erste Mal selbst zu verfassen. Dazu gab es aber noch eine Steigerung, man sollte sie aus der Sicht des Tieres, also in Ich-Form schreiben.

Nach diesen Übungen ging es in die Forschungsphase. Die Kinder durften sich ein heimisches Tier wählen, das sie anhand eines Arbeitsleitfadens 2 Wochen lang erforschen wollten. Um dem bloßen Abschreiben aus Büchern vorzubeugen, gab es auch hier die Auflage, dies in ICH-Form zu formulieren. Zusätzlich stellte sich Herr Esterer, u.a. Lehrer für Plastizieren und bildnerische Erziehung, zur Verfügung und wer wollte, durfte sein Forschungs-Tier auch in Ton plastizieren.

Die Arbeit machte den Kindern Freude, sie arbeiteten sehr selbstständig und fleißig. Wir hatten einen Hut, aus dem jeden Tag ein paar Kinder gezogen wurden und der Klasse von spannenden Forschungsergebnissen berichten durften. Das war ein beliebtes, zusätzliches Highlight. Stolz erzählten die Kinder einander, was sie Neues von ihrem Tier erfahren haben, zeigten ihre schöngestalteten Heftseiten oder lasen ein selbstgeschriebenes Gedicht vor.

Am Ende der Epoche erfuhren die Kinder von den Eltern bei den Präsentationen viel Wertschätzung für ihre Arbeit.
Jede/r konnte stolz auf sich sein!

Susanna Leiter-Gadenstätter, Klassenlehrerin der 4. Klasse